Ich schrieb ja schon im Trainer-Artikel, dass der Gang zur Toilette oder zum Töpfchen immer mehr ein Thema wird. Just in dieser Zeit schrieb mich Caroline Oblasser an, ob ich nicht Lust hätte, ihr neues Buch zu rezensieren. Was für ein Timing! Das heißt, ich brauche nicht nur zu erzählen, wie ich das Buch theoretisch so finde, sondern ich kann auch tatsächlich hands-on austesten, ob es was taugt.
Also, zuerst einmal eine Klarstellung. Es ist zwar schön für mich, dass ich als Stoffwicklerin in den Genuss des Buches komme, aber mit Stoffwickeln hat es an sich nicht viel zu tun. Das Buch ist also für all jene gedacht, die bislang ihr Kind gewickelt haben, egal ob in Stoff oder Plastik und egal wie alt. Es ist ganz klar strukturiert. Vorab eine kleine historische und biologische Abhandlung und dann eine Dreiteilung in die Phasen Vorbereitung („Ja-ich-will-Phase“), Beobachtung („Entdeckerphase“), Praxis („Gewinnerphase“).
Nun, ich möchte hier jetzt keine Inhaltsanalyse hinlegen. Ich möchte euch viel lieber erzählen, wie hilfreich (oder auch nicht hilfreich) das Buch in den letzten Wochen für uns war. Dafür muss ich wohl etwas weiter ausholen. Seit mindestens einem Jahr sagt unsere Tochter (nun 34 Monate alt) schon vor dem großen Geschäft an, dass sie muss. Mit dem kleinen Geschäft ist es ungefähr seit einem Vierteljahr so. Wenn man sie aber fragte, ob sie aufs Töpfchen oder auf die Toilette will, dann sagte sie so gut wie immer „Nein, in die Windel“. Ein Töpfchen haben wir seit nunmehr anderthalb Jahren im Haus. Eine Klobrille mit Sitzverkleinerung (diese doppelten Dinger), seit ungefähr einem dreiviertel Jahr. [quote float=“left“]Du brauchst glaubwürdige Argumente, um die Aufmerksamkeit deines Kindes auf die Alternativen zum Hosenklo zu lenken.[/quote] Sie kennt alles, sie weiß, was sie damit machen soll, sie hat sich in all den Monaten gelegentlich mit und ohne Kleidung darauf gesetzt und sogar hin und wieder was (rein)gemacht. Aber so wirklichen Drive gab es da nie.
Und jetzt sage ich mal, was sich durch das Buch verändert hat. Ich habe immer gedacht, dass keinen Druck zu machen gleichzusetzen ist mit keinen Einfluss zu nehmen. Ich dachte, sie wird schon irgendwann von selbst sagen „Ich will jetzt aufs Töpfchen“. Mag sein, dass es bei anderen so funktioniert. Ich schätze, in unserem Fall würde das Töpfchen niemals entsprechend hohe Priorität erlangen. Aber Druck ausüben wollte ich auch nicht. Ich habe also angeregt durch das Buch erst einmal folgendes gemacht: Ich habe mir mit ihr gemeinsam ein neues Töpfchen ausgesucht. Einmal, weil ich das alte sowieso schrecklich zum Reinigen fand, und dann weil ich hoffte, dass dies die Aufmerksamkeit erhöht. Sie war dann auch ganz aufgeregt, als es dann kam. Hat sich gleich drauf gesetzt, für gut befunden… und dann wieder vergessen. Es brauchte also noch einen Teaser.
[quote float=“right“]Lass dir für den Einschlafpiesler eine schöne Klo- oder Töpfchen-Routine einfallen…[/quote] Dann habe ich mit einer Art Ritual angefangen. Da ihre Windeln nachts jetzt längst nicht mehr so voll sind wie früher (Höschenwindeln sind oft hinten noch trocken), dachte ich mir, setze ich mal abends an. Morgens sind wir ab und zu unter Zeitdruck, deswegen hielt ich das nicht für sinnvoll, da anzufangen. Also: abends vor dem Nachtwickeln und Zähneputzen wird sich noch mal aufs Töpfchen gesetzt. Beim ersten Mal hat sie gerne mitgemacht. Beim zweiten Mal wollte sie schon nicht mehr. Deswegen habe ich sie mit einem Buch gelockt. Sie durfte sich was aussuchen. Das wirkte. Sie saß also auf dem Töpfchen und ich davor mit dem Buch in der Hand. Bis auf einem Mal hat sie jedes Mal mindestens ein paar Tropfen reingemacht. Nun machen wir das so seit ca. zwei Wochen, und es klappt ganz gut. In der Krippe erfahre ich nun auch fast jeden Tag, dass sie dort mindestens ein Mal auf Toilette ging. Ansonsten, so zwischen Krippe und Vor-dem-Schlafen-Gehen möchte sie weder aufs Töpfchen noch auf Toilette, sondern explizit in die Windel. Das ist okay.
[quote float=“left“]Kalte Füße sorgen generell für häufigeren Harndrang, nicht nur nachts, und können gefühlt einen dauernden Pieseldrang erzeugen.[/quote] Denn andere Phasen habe ich noch nicht entdecken können, wie im Buch vorgeschlagen. Wenn sie viel getrunken hat, frage ich sie öfter einmal, aber da kommt immer entweder ein „Nein“ oder „In die Windel“. Morgens ist sie noch relativ lange weiterhin trocken. Sie ist wohl anscheinend keine „Aufwachpieslerin“. Die Kalte-Füße-These finde ich ganz interessant, kann sie allerdings weder bestätigen noch widerlegen. Sie trägt einen Schlafoverall mit offenen Beinen. Nachts hat sie oft so warme Füße, dass sie ihre Socken auszieht. Sie wäre mit dieser Kluft für den alleinigen Töpfchengang gewappnet, denn sie kann sich frei bewegen, und sie kann sich auch alleine an- und ausziehen. Aber so weit sind wir noch nicht. Was ich sonst noch beobachten konnte, ist dass sie eine „Auswärtspieslerin“ ist. Im Café oder in der Bücherei sagt sie gerne mal „Ich muss pullern“, und dann heißt es ab aufs Klo. Lustig. Zu Hause passiert das nicht.
Was hier nicht wie im Buch vorgeschlagen funktioniert, ist dass das Buchlesen bzw. -angucken tatsächlich zum Pinkeln führt. Es ist zwar eine Motivation, sich überhaupt aufs Töpfchen zu setzen, aber gemacht wird grundsätzlich erst danach. Ich muss sogar ganz explizit das Buch beiseite legen, sonst kann sie nicht in sich gehen und loslassen. Anscheinend führt Bücherlesen bei ihr nicht zur Tiefenentspannung.
[quote float=“right“]Schiebe das (…) Granulat zwischen den Fingern hin und her. Fühlt es sich rutschig an? Dann war schon ein Piesler zu Gast.[/quote] Einige Bereiche des Buchs treffen nicht auf uns zu, da wir weder mit Wegwerfwindeln wickeln noch mit dem Auto unterwegs sind. Es ist aber schon ganz kurios, über das Rutschen und Nicht-Rutschen von Superabsorber-Kügelchen zu lesen.
Ansonsten sind wir noch auf dem Weg. Aktuell freundet sie sich mit den Trainern an. Ich werde demnächst davon berichten. Unterwegs und nachts ohne Windeln ist für mich noch weit entfernt. Auch was das große Geschäft angeht, wird es wohl noch ein Weilchen dauern. Aber wer weiß? Vielleicht geht es dann doch schneller als man denkt, jetzt wo der Stein ins Rollen gebracht wurde?
Insgesamt finde ich das Buch unterhaltsam und gut strukturiert. Ich finde es sehr gut, dass nichts von Belohnungssystemen drin steht. Es geht eben im Kern darum, gemeinsam durch Beobachten und Kommunizieren herauszufinden, wie das Kind am besten den Weg zum Töpfchen oder zur Toilette finden kann. Die Tipps sind hilfreich und laden zum Ausprobieren und Reflektieren ein. Ich hätte mir insgesamt weniger dekorierende und mehr erläuternde Illustrationen gewünscht, aber das ist vielleicht auch Geschmackssache. Meine Tochter findet die vielen Herzchen und Häschen und Vögelchen toll.
Das Buch ist insbesondere für diejenigen geeignet, die sich noch nicht so viel mit dem Thema beschäftigt haben und sich vorbereiten möchten. Es ist kein erhobener Zeigefinger dabei, und man muss es auch nicht von Anfang bis Ende durchgelesen haben, damit es was taugt.