Ab und zu lass ich mich dazu verleiten, eine Windel von Übersee zu bestellen. Das geht abgesehen vom CO2-Abdruck, den man durch den Versand hinterlässt, ganz gut. Denn eine einzelne Windel geht meistens noch zollfrei durch und kostet aufgrund ihres geringen Ausmaßes nicht viel mehr Porto als innerhalb Deutschlands. Diese kanadische Windel ist mir sofort wegen ihrer außergewöhnlichen Muster und des ziemlich einzigartigen Systems aufgefallen.
Es handelt sich bei Green Line Diaper um ein kleines Familienunternehmen. Das Konzept besteht darin, in regelmäßigen Abständen eine begrenzte Anzahl an Stoffmustern in Kombination mit Klettverschlüssen unterschiedlichster Farben zu präsentieren, die man dann zu einer Überhose vernäht bestellen kann. Ab einem festgelegten Zeitpunkt startet der Verkauf, es gibt einen Run auf die coolsten Muster, und dann muss man einige Wochen warten, bis die Windel fertig genäht ist.
Ich habe dieses Prozedere einmal mitgemacht, weil ich mich total in dieses Tiermuster verliebt habe. Sören, der absolute Zoofan übrigens auch 😉
Als die Windel dann endlich mal ankam, war ich über das simple Design überrascht. Legt man die Windel flach auf dem Tisch, ist sie wirklich… flach. Im Prinzip handelt es sich um zwei zugeschnittene Stoffteile, die aneinander genäht sind.
Außen ist es 100% Baumwolle, innen ein Material, von dem ich noch nie gehört habe: Ultrex (R). Auf http://diapersewing.blogspot.de/ habe ich folgende Info dazu gefunden:
„Ultrex® is a waterproof, windproof, durable and extremely breathable fabric system (similar to Gore-Tex). A microporous coating is applied to the underside of the fabric. It is small enough to block out wind and rain, yet large enough to permit perspiration vapor molecules to escape.“Okay, also so etwas wie der Stoff, aus dem die meisten Windbreaker-Jacken sind. Fühlt sich an und sieht so aus wie beschichtete Baumwolle, obwohl ich denke, dass sich die Beschichtung innen befindet. Auf jeden Fall hat man den Eindruck, dass dieser Stoff atmungsaktiver ist als PUL-beschichteter.
Auf der Vorderseite ist eine durchgehende Klettleiste angenäht, an den beiden Zipfeln der Rückseite entsprechend die Gegenkletts. Es gibt keinen Gegenklett als Wäscheschutz. Der Rücken macht einen auffälligen Bogen nach oben. Warum das so ist, wird später noch erläutert.
Am Beinausschnitt ist ein Kordelzug eingenäht. Das Überraschende daran: Das Bändchen ist nicht elastisch! Durch eine kleine Öffnung am hinteren Beinausschnitt wird die Kordel nach außen geführt und mit einem Mini-Kordelstopper festgehalten. An der ganzen Windel ist kein elastisches Material eingenäht.
Und das ist auch der Clou der Windel. Man bettet die Bambus-Faltwindel in die flach gelegte Überhose, legt diese erstmal einfach an und klettet sie vorne zusammen. Dann sind die Beinausschnitte natürlich noch vollständig offen. Man nimmt das Kordelende, zieht einmal dran, damit sich der Stoff zusammenkräuselt, und zurrt das Ganze mit dem Stopper fest. Andere Seite genau so. Dann nimmt man die Rückseite und faltet den Stoff, der durch die Rückenkrümmung absteht, nach unten, so dass der Stoff am Körper anliegt. Mit dieser Technik wird die Überhose zur mitwachsenden Windel.
Und das funktioniert?
Nun, ich muss gestehen, ich konnte mich bis heute nicht so recht mit diesem System anfreunden. Eigentlich sitzt alles gut. Und ausgelaufen ist bislang auch noch nichts, außer dem einem Mal, als die Windel einfach zu lange dran war. Ach, und Abdrücke gibt es eigentlich auch so gut wie keine. Aber wo ist das Problem? Nun, ich habe beim Festzurren der Kordeln immer das Gefühl, dass mir das Elastische fehlt. Ich weiß nicht, ob ich dabei etwas falsch mache, aber ich würde die Überhose zum Beispiel nicht bei Muttermilchstuhl verwenden, weil ich einfach Angst hätte, sie könnte durch Strampelbewegung nicht dicht sein. Auch den Rücken habe ich noch nie richtig angelegt bekommen, wie es die Videos zeigen. Ist bei unserer Kleinen nicht so schlimm, weil sie dort nicht dicht sein muss, aber auch hier wäre ich bei den kleinsten skeptisch. Ich bin dabei eh schon längst dazu übergegangen, den Rücken bereits vor dem Anlegen herunter zu falten, weil mir das zu umständlich ist, ihn erst danach zu falten. Vielleicht ist das der Fehler. Die Beinbündchen ziehe ich auch nur gelegentlich nach. Was mich noch stört, ist der fehlende Wäschegegenklett.
So, genug gemeckert. Waschen lässt sie sich wunderbar. Die Überhose ist superschnell trocken. Die einlagige Faltwindel lässt sich zu einem großen Rechteck auseinander falten und ist entsprechend ebenso schnell trocken. Die Saugkraft schätze ich eher durchschnittlich ein. Zwei Stunden sind damit drin, mehr nicht. Aber da man alles mögliche hineinlegen kann, bedarf es hier keiner großen Kritik. Preislich ist die Green Line der Hit, insbesondere wenn man bedenkt, dass es sich hier ja nicht um ein Massenprodukt handelt. Die Überhose kostet umgerechnet 12,50€, die Einlage kostet 5,90€. Zusammen ist es also eine Windel für ca. 18,40€. Wenn man bedenkt, dass man die Überhose meistens mehrfach verwenden kann, rechnet sich das. Zu kaufen gibt es sie nur beim Hersteller.
So sieht also meine aktuelle Bewertung aus:
Design: 5/5
Praktikabilität: 3/5
Passform: 3/5
Saugkraft: 3/5
Waschen und Trocknen: 5/5, 5/5
Preis: 5/5
Gesamturteil: 4,1/5
Gar nicht so schlecht, dafür dass sie beim Wickeln nicht die erste Wahl ist. Und trotzdem juckt es mich immer wieder in den Fingern, wenn ich die neuen Prints sehe, die demnächst wieder vernäht werden…