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Downshifting – leichter gesagt als getan

Als ich das letzte Mal über das Downshiften schrieb, bekam ich eine Anfrage von Betreut.de, ein kleines Interview darüber zu geben. Here it is! Dies mal so am Rande.

Wie ist es mir seit knapp drei Monaten ergangen? Nun, ich fühle mich noch nicht angekommen. Ich arbeite eben noch dran (welch Ironie). Einfach mal so den Ballast abzulegen und fröhlich durch die Gegend zu hüpfen, ist es ja nicht. Ich habe für mich im Frühjahr entschieden, dass ich das Angestelltsein reduzieren möchte, um Dingen nachzugehen, die mich darüber hinaus sehr interessieren. Da kreisen meine Gedanken natürlich ganz extrem um das Stoffwickeln. Nur: Wie kann man seine Familie mit knapp der Hälfte seines bisherigen Einkommens versorgen? Da wären wir schon bei der Zwickmühle. Downshiften hat – wenn es zum Ziel die Reduktion von Arbeit für mehr Freizeit hat – nun mal mit weniger Einkommen zu tun und löst dadurch die Sorge darüber aus, nicht über die Runden kommen zu können. Ich bin zu folgenden Lösungsansätzen gekommen:

  1. Mach dein Hobby zum Beruf, Teil 1. Was hier vor bald zwei Jahren mit dem gelegentlichen Schreiben über Stoffwindeln anfing, ist ja schon insofern professionalisiert worden, als dass ich von verschiedenen Shops unterstützt werde, und mir das eine oder andere Gadget zugelegt habe, um den Blog zu bereichern. Okay, davon kann ich mir (oder meinem Kind) vielleicht gerade mal ein Eis kaufen 😉 Aber die Gedanken spinnen weiter. Ich führe beruflich seit nunmehr über zehn Jahren Videokonferenzen durch. Warum dann auch nicht zur Information und Beratung über Stoffwindeln? Ich würde in Zukunft in regelmäßigen Abständen Info-Webinare und Beratungsstunden per Video anbieten. Wer hierzu Interesse hat, kann mir gerne einen Kommentar am Ende hinterlassen.
  2. Totsbots Teenyfit für Neugeborene
    Totsbots Teenyfit für Neugeborene

    Mach dein Hobby zum Beruf, Teil 2. Was mich am Anfang beim Stoffwickeln gestört hat, war die Größe der Windel für das kleine Baby. Aber extra für die ersten paar Wochen sich welche anschaffen, und das, wenn ich nicht mal weiß, ob es das richtige für mich ist? No way! Mit Stephanie von der Windelmanufaktur habe ich eine Gleichgesinnte gefunden, dieses Problem zu lösen. Wir werden in Bälde Stoffwindeln für die ersten Wochen verleihen. Damit kann ich zwar nicht bei unserem Kind die Lücke schließen, aber ich freue mich, wenn uns dies für andere Familien gelingt. Auch hier ist ein Kommentar am Ende willkommen!

  3. Reduziere deine Ausgaben. Ja nu, ist ja logisch. Bloß wie, wenn man so schon recht sparsam ist? Wir machen vieles selbst, haben kein Auto, kaufen vermehrt Secondhand… Und wir machen zwei mal im Jahr einen Sparmonat. Das heißt, kaufe nur das Notwendigste an Lebensmitteln etc., gehe nicht auswärts essen/trinken, nimm dir dein Mittagessen mit ins Büro statt in die Kantine zu gehen, verzichte auf Dinge, die du einfach nur haben möchtest, aber die nicht so wirklich essentiell sind. Ich finde, in diesen Monaten haben wir immer eine gute Gelegenheit, ganz bewusst wahrzunehmen, was wir wirklich zum Leben brauchen. Wir machen das jetzt seit gut zwei Jahren, und hatten im Prinzip nie das Gefühl, dass uns etwas fehlt. Aber es ist nicht nur diese Besinnung, es hat auch ganz pragmatische Gründe. Am Ende des Monats bleibt auch mal ein Hunni übrig, von dem man sich wieder etwas Schönes gönnen kann. Der Sparmonat ist also auch wörtlich zu nehmen und ermöglicht es uns, Dinge anzuschaffen, die wir uns im Alltag sonst nicht leisten können. Ich muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass dies auf keinen Fall denjenigen gegenüber überheblich klingen soll, die sozusagen jeden Monat Sparmonat machen müssen, weil sie es sich nicht anders leisten können! Bitte seht es mir nach, dass ich aus der Sicht einer Durchschnittsverdienerin schreibe.
  4. Bilde dich fort. Ich bin eine Dauerselbstentwicklerin. Der Blog ist ja auch nichts anderes. Ich habe mich wieder an der Uni eingeschrieben und beginne, das zu professionalisieren, was ich eigentlich schon lange mache – beraten. Ich weiß noch nicht, wohin dies führt, aber ich weiß, dass es mir gut tut und ich es auf jeden Fall wie auch immer nutzen kann.

So. Diese Umorientierung kostet mich natürlich Arbeit und Zeit. Das heißt, im Endeffekt arbeite ich noch nicht spürbar weniger. Aber ich habe sehr viel Spaß dabei, und das ist erst einmal die Hauptsache. To be continued.

Downshifting mit Kind

Meine Kollegin legte mir vor kurzem einen Artikel zum Thema „Downshifting“ aus der Psychologie Heute compact (Nr. 33) auf den Tisch. Das Thema besprechen wir oft, aber ich wusste bis dato nicht, dass es diesen Namen trägt. Und beim Lesen ertappte ich mich die ganze Zeit dabei, wie ich zustimmend nickte. Gleichzeitig fiel mir immer wieder dieser andere Artikel ein, der aktuell seine Runde im sozialen Netz macht (Liest du hier). Darin  bemängeln die Autorinnen die berufliche Konsequenz junger (akademisch ausgebildeter) Mütter-Schrägstrich-ehemals-Karriereanwärterinnen bzw. werfen ihnen vor, schon vor der Geburt eigentlich alles falsch gemacht zu haben, sprich den Beruf eher aus Bequemlichkeit gewählt zu haben, weshalb sie im Nachhinein sowieso nicht mehr zurück wollen.

Ich habe nicht so wirklich verstanden, worauf die Autorinnen hinaus wollten. Auf mich treffen die Erläuterungen ja sowieso nicht zu, weil ich weder zur Biedermeierhausfrau mutiert bin noch meine Arbeitsstunden großartig reduziert habe. Aber was ist nun der Appell? Mädels, schämt euch für den Strickkurs, den ihr heimlich belegt habt? Stockt eure Stunden auf, damit ihr mehr seid als nur Mutti mit Teilzeitjob für die Haushaltskasse? Geht in euch und überlegt, was ihr wirklich hättet machen sollen, und bereut jetzt mal bitte kräftig eine Runde? Und an die Eltern, hättet ihr doch eure Töchter mal richtig nach waldorfscher Art erzogen, dann gäbe es dieses Schlammassel gar nicht? Keine Ahnung. Da schwirrten mir so viele Fragezeichen und Vetos durch den Kopf, dass ich schon mehrmals zum Schreiben angesetzt habe, um meine Gedanken zu ordnen, und es dann doch wieder aufgab.

Und dann lese ich eben diesen Artikel zum Downshifting. Der hat gar nichts mit Muttersein und Karriere zu tun, sondern ganz allgemein damit, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Zu überlegen, was einen glücklich macht, und sich Zeit dafür zu nehmen. Und ggf. eben den Job zu reduzieren, wenn er nicht so erfüllt, wie man sich wünscht. Mehr Geld macht nicht mehr glücklich, ist klar. Mehr Karriere auch nicht unbedingt. Mit weniger Geld kommt man demnach auch gut klar, wenn man sich bewusst macht, was man (an Materiellem) im Leben braucht und auf was man verzichten kann. Dann muss man nämlich auch nicht Karriere ergo Geld machen. Außerdem geht es auch darum, das zur Verfügung stehende Geld weniger in Materielles als in Erlebnisse zu investieren, da diese nachweislich glücklicher machen. Der Merksatz hierzu lautet im Text: „Je mehr Geld du ausgibst, desto mehr Zeit musst du aufbringen, um es zu verdienen, und desto weniger Zeit steht dir zur Verfügung für die Menschen, die du liebst.“

Warum ich nun beim Lesen ständig nickte, war, weil ich gerade seit der Geburt unserer Tochter so viel mehr in diese Richtung denke und auch zu leben bereit bin, und mich an vielen Stellen wiedergefunden habe. Dieser Ansatz geht viel weiter als der Spiegel-Artikel und zeigt, dass die Mutterrolle an sich im Prinzip gar keine so große Rolle spielt. Natürlich hat die Gründung einer Familie einen prägenden Einfluss auf Entscheidungen, die in Bezug auf Arbeit und/oder Leben getroffen werden. Aber diese werden ja bestenfalls von beiden Elternteilen gemeinsam getroffen. Und was die Aufteilung beider Arbeitsstunden in 32 pro Woche angeht, wie in beiden Artikeln vorgeschlagen, da gehe ich voll mit. Vorausgesetzt, es gäbe endlich mal gleichberechtigte Gehälter, denn sonst wird das nix.

Ich hatte vor der Geburt schon viel und gerne gearbeitet. Ein Jahr danach (!) bin ich die Karriereleiter sogar noch ein Stück heraufgefallen. Nachdem ich nun aber seit diesem Frühjahr auf eine 55-Stunden-Woche (inkl. Fahrtzeiten) sowie ein Viertel meines Gehalts verzichte, habe ich rund 15-20 Stunden pro Woche mehr Zeit für meine Familie. Was das an Lebensqualität ausmacht, ist unbeschreiblich! Da ist es doch egal, ob es nun wie bei anderen Müttern 20 Stunden oder auch 10 oder gar keine sind. Es geht doch um die allgemeine Zufriedenheit mit all den Bedingungen, die das Leben mit Partner und Kind(ern) so mit sich bringen. Und da ist Kritik an der Aufgabe von vermeintlichen Karrieregedanken meiner Meinung nach völlig fehl am Platz.

Eine Bekannte meinte mal zum Familienleben, ein Kind zu bekommen sei ein gesundes Korrektiv, und sie hat so Recht. Natürlich gibt es auch andere Korrektive, aber es ist einfach das kompromissloseste. Downshiften fällt damit leichter, finde ich, weil die Beweggründe auf der Hand liegen und die Motivation sehr hoch ist. Und dass wir uns eh für ein Leben des kritischen Konsums entschieden haben, macht es glaube ich erheblich unkomplizierter, mit weniger Gehalt auszukommen. Wir haben kein Auto, wir machen keine Fernurlaube, wir wickeln mit Stoff 😉 Ich habe mein Downshift-Ziel noch nicht erreicht, aber ich glaube, dass ich auf einem guten Weg bin.

Wer sich über das Thema informieren will, muss nur mal nach dem Stichwort googlen oder bei Wikipedia nach „Einfaches Leben“ suchen.