Vom Papablogeintrag auf den Seiten der Windelmanufaktur angestachelt, hat Sören nun auch einen Beitrag geschrieben. Nein, eigentlich wollte er bei Volker nur einen Kommentar hinterlassen, aber der ist so sehr ausgeartet, dass er daraus doch einen eigenen Beitrag schrieb… Here it is:
Als das Kind schon mit großen Tritten näher kam, hatte ich mir über das Windelproblem noch keine Gedanken gemacht – es war schlicht nichts, was auf meiner Problemliste auftauchte. Pampers. Was sonst? Alternativen kamen mir nicht in den Sinn. Allenfalls Discounterwindeln, über die ich nichts Gutes gehört hatte und deshalb nicht als Alternative sah.
Der Gedanke ans Wickeln bereitete mir kein Kopfzerbrechen, aber es war auch nicht das, worauf man sich vor der Geburt freute, es sollte einfach funktionieren.
Woher hätte man auch auf Stoffwindeln kommen sollen? Kontakt zu anderen Eltern mit kleinen Kindern bekam ich erst nach der Geburt und wie die Quote der Stoffwindeln da so ist, dürftet Ihr alle wissen. Auch sonst wird einem das Thema nirgendwo nahegebracht. Dann kam Thu mit der Idee an, mit Stoff zu wickeln. Phase 1.
1. Ach, Stoffwindeln?
Wie vermutlich viele andere stellte ich mir zuvor unter Stoffwindeln allenfalls Mullwindeln, mehrfach gefaltet, irgendwie um den Babykörper gewickelt, mühselig verknotet, vor. Saubermachen? Eklig. Wickeln? Kompliziert. Ich hatte nie eine Leidenschaft für Origami, zu schweigen von Talent.
Als Thu mir dann die „modernen“ Stoffwindeln zeigte, war ich dennoch weiterhin skeptisch. Windeln waschen? Dann braucht man ja etliche! Wie teuer ist das denn? Und wie entfernt man den Stuhl? Von der Vielzahl der Systeme war ich auch überfordert. Mal ehrlich: AIO, Pop-In, prefolded – Ich erwartete mir von der Zeit als frischgebackener Vater ohnehin genug Stress, Chaos, Neues, musste ich mich da auch noch mit sowas beschäftigen?
Allerdings war ich nicht besonders lange skeptisch. Zum einen: Das Umwelt-Argument. Ich bin kein Fundamentalist, der am liebsten wieder im Wald wohnen würde, aber ich versuche schon, auf eine gewisse Nachhaltigkeit zu achten. Wie viel Müll Wegwerfwindeln tatsächlich produzieren, hatte ich mir vorher nie so richtig überlegt – wirklich bewusst wurde es mir dann im ersten Monat, als wir noch (mangels Neugeborenenwindeln) mit Pampers wickelten. Da achtete man auf einmal auf den Leerungstermin der Restmülltonne, um dann am selben Tag schnell seinen Stinkesack wegzubringen.
Zum zweiten: Der finanzielle Faktor. Ich bin kein BWL’er, aber ich kann einigermaßen kopfrechnen. Ein paar Hundert Euro für die Grundausstattung mit Stoffwindeln gegenüber einer vierstelligen Summe für zwei bis drei Jahre Pampers? Einfache Entscheidung.
Und, drittens: Waren die schick! Ich hatte ja keine Ahnung. Nix mit Mullwindeln, stattdessen zig Farben zur Auswahl und niedliche Muster. Mit Tieren drauf! Manchmal bin ich leicht zu haben.
2. Yeah, Stoffwindeln!
Nach einer kurzen WWW-Episode stiegen wir somit bald auf Stoff um – GroVia. Sie waren schick, sie waren simpel, ich mochte das Knopfsystem, wodurch man nicht jedes Mal die komplette Windel waschen musste. Ja, das Waschen war lästig. Aber mal ehrlich: Mit einem Neugeborenen gibt es genug zu tun. Der Mehraufwand fürs Waschen war marginal und verglichen mit dem völlig unfassbaren Gefühl, Vater zu sein, dem Schlafentzug, der ständigen Bereitschaft, falls das Baby schreit, dem Rumtragen, kam das irgendwo weithin auf der Liste, wo es überhaupt nicht mehr ins Gewicht fiel.
Mit Ekelgefühlen schlug ich mich ohnehin nicht lange rum. Ich hatte zuvor, angefangen mit dem Zivildienst, einige Jahre in der Kranken- und Altenpflege gearbeitet, da waren die Hinterlassenschaften eines 4kg-Bündels nun wirklich nichts, was Überwindung kostete (wobei ich später schon ab und zu überrascht war, WAS da an Geruch und Menge so entstand).
Das Gute bei einem Baby ist ja: Man tut anfangs alles so oft, dass man sehr schnell Routine entwickelt. Wickeln mit Stoff? Gib mir ein paar Tage. Okay, kann ich (Wobei, das Kind im Stehen wickeln…. Hm. Ist aber mit Pampers nicht besser).
3. Stoffwindeln. What else?
Wie von Thu bereits beschrieben, fanden wir irgendwann heraus, dass die GroVia eben nicht für immer hielt. Kann sich ja auch niemand ausmalen, dass so ein Kind die Form verändert. Da die liebste Gattin inzwischen allerdings bereits restlos vom Stoffwindelfieber befallen war, gab es dann nicht schlicht den Umstieg auf EIN anderes System, sondern eben auf… ähm, alle. Ungefähr. Die Pockets von Little Lamb wurden ausprobiert, obwohl ich Pockets ursprünglich für undenkbar befunden hatte. Das Reinstopfen der Einlagen finde ich ebenso wie das Rausschütteln nach wie vor relativ umständlich, allerdings kann man die nun mal recht flexibel füllen. Und: Sie sind Erzieherinnenfreundlich, weil einfach zu wickeln. Und Erzieherinnen macht man besser keine Mühe.
Ich probierte eifrig alles aus, beschwerte mich über die ein oder andere, merkte mir Auslaufunfälle und nahm alles entgegen, was die Post so anlieferte. Gut, dass ins Regal einiges reinpasst .
Derzeit nutze ich gerne die New Gen Pop-ins* und die Bottombumpers, weil mir einknöpfbare Einlagen zusagen, aber mit der gDiaper oder der Windelmanufaktur-AI3 sind auch andere Systeme im ständigen Gebrauch. Unabdingbar sind allerdings Vlieseinlagen (bzw. bei uns halbierte Einmalwaschlappen von dm), die man mitsamt eventuellem Stuhlgang ins Klo entsorgen kann.
* Ja, einige Namen musste ich nachschlagen – ich vergesse ständig, wie welche Windel heißt, von wenigen Ausnahmen (Little Lamb, GroVia, gDiaper) abgesehen. Ist ja auch wurscht, dem Kind verkaufe ich sie als „die mit den Schmetterlingen“, „eine rote“ oder „Ringelwindel“. Bezeichnungen wie „Blueberry OS Simplex AIO“ kann sie dann nächstes Jahr lernen, wenn sie zum Englischunterricht angemeldet wird (nicht wirklich).
Mein Alltag mit Stoffwindeln sieht inzwischen so aus: Morgens (wenn ich die Disziplin aufbringe, auch schon abends) werden die Windeln für die Krippe vorbereitet, mittags eine für die Nachmittagstasche gepackt, bei der Nachtwindel wechseln wir uns ab. Etwa alle drei Tage wird der große Eimer in die Waschmaschine entleert – per Hand, was mir nichts ausmacht, im Gegensatz zum konzentrierten Ammoniakgeruch. Aber wenn man ab und zu mal wieder mitbekommt, wie ein Windelmülleimer mit WWW riecht (selbst wenn sie einzeln in Tüten verpackt wurden), übersteht man das auch ohne Klagen (Okay, gelogen, ich jammere jedes Mal).
Ansonsten, nunja, waschen. Ich mag das ja: Man stopft die Trommel voll, füllt Waschmittel rein, drückt auf den Knopf und hat schon das Gefühl, was getan zu haben (Noch besser ist nur die Spülmaschine, die muss man hinterher nicht mal sofort ausräumen). Wäsche aufhängen ist eine meiner unbeliebtesten Haushaltstätigkeiten, das ist aber unabhängig von den Windeln ein bedauernswerter Fakt in meinem Leben.
Mit Stoffwindeln beschäftige ich mich eigentlich nicht mehr großartig – ich wickel so vor mich hin. Also genau, wie ich es mir mit der Entscheidung für Stoff damals erhofft hatte: Nach der Findungsphase muss man nicht mehr darüber nachdenken. Man bereitet die Windeln vor, man wickelt, man schmeißt die gebrauchte Windel in die Tonne, ab und zu wäscht man. Fertig. Wer meinte noch, WWW wären viel bequemer? Die muss man schließlich auch einkaufen und entsorgen (Viel eher frage ich mich ja, was all die Bioladenkäuferinnen und andere um Nachhaltigkeit besorgte Menschen sich wohl denken, wenn sie ihre vollen Müllsäcke zur Tonne bringen müssen – aber das ist ein anderes Thema).
Wer sich dann gerne weitergehend mit Stoffwindeln beschäftigen möchte: Nun, dafür gibt es ja schickgewickelt (und die Windelmanufaktur undundund…)
Da Thu mir mit ihrer Leidenschaft ohnehin ständig drei Schritte voraus ist (und den Blog ja auch nahezu alleine betreibt), suche ich ab und zu ein paar Muster oder Farben bei neuen Modellen aus und bin damit auch ganz zufrieden.
Fazit? Schlicht und einfach: Stoffwindeln funktionieren. Sie sind nicht umständlich (Reisen vielleicht ausgenommen), sie sind nicht unsicher, sie sind nicht teurer – dafür sind sie umweltfreundlich und verdammt nochmal viel, viel schicker als jede Wegwerfwindel. Ich habe eine Weile gebraucht, aber nun bin ich Überzeugungstäter.